Schüler:innen-Bericht Impact Day Biodiversität Rychenberg

Als ich um 7:30 Uhr den Ergänzungsbau betrete und mich in einem der Zimmer über der Mensa einfinde, scheint nichts ungewöhnlich zu sein. Die Schüler:innen eilen in ihre Zimmer und verhalten sich ganz normal.

Im Klassenzimmer bekomme ich Infos über den Ablauf des heutigen Tages und wir richten ein Zimmer ein, wo wir unser Material zusammentragen können. Wir brauchen vielleicht eine Stunde, um uns Ziele zu setzen und ein Konzept herauszuarbeiten, dann verlassen wir das Gebäude und betreten sogleich die erste Baustelle. Die Klasse, der wir heute folgen, ist bereits emsig am Werk. Sie arbeiten mit Sägen und Gartenscheren, um Äste und Reisig zu zerkleinern. Eine Schubkarre füllt sich mit beeindruckender Geschwindigkeit. Die Reporterin von Tele-Top ist auch bereits am Filmen und interviewt einen Jungen, der sich stolz auf einen Ast, der ihn überragt, stützt und erklärt, was sie tun.

Schüler schiebt eine Schubkarre zum Asthaufen. 

«Das ist ein Schutzraum für allerlei Insekten und zuunterst können sich auch Igel einfinden.» – N. Kurth

Genau das möchte ich auch herausfinden und trete an einen Vertreter der Organisation MYBLUEPLANET heran. Auf meine Frage, wozu die Erstklässler sich so ins Zeug legen, erklärt er mir «Das ist ein Schutzraum für allerlei Insekten und zuunterst können sich auch Igel einfinden.» Ob man denn etwas Besonderes beachten muss, wenn man das Zuhause nachmachen möchte, frage ich. «Nein, solange man die Hohlräume nicht zerdrückt, damit die Tiere genug Platz haben, ist das ganz einfach, insofern man, denn genügend Äste hat.» Ich schlussfolgere: «Aber wenn man einen Baum hat, den man sowieso hin und wieder zurückschneidet, wäre das ein toller Verwendungszweck dafür.» Ich danke und gehe auf die Schüler:innen zu. Diese können mir nicht nur sagen, was sie gerade tun, sondern auch weshalb und sie scheinen grossen Spass daran zu haben, die Schubkarre zwischen dem Stapel Holz und dem zukünftigen Haufen hin und her zu schieben, die kleineren Äste von ihren grösseren Vorgängern aus denen sie erwachsen zu trennen und miteinander aktiv zu sein. Die Motivation, die von den meisten an den Tag gelegt wird, ist beeindruckend. Der Haufen der aufgeschichteten Äste wächst unter der Aufsicht von Frau Zahner stetig an. Ich frage sie, wann und wo sie Erfahrungen mit dem Schutz der Biodiversität gesammelt hat, und sie erzählt mir von ihrem Garten. Dort würde sie mit ihrem Freund darauf achten, dass es auch einen ausgewogenen Lebensraum für die Tiere gibt und sie deshalb zum Beispiel Unkraut auch mal länger als üblich stehen lässt. Sie fügt hinzu: «Meine Nachbarn, die mehr auf Ordnung und Einheitlichkeit erpicht sind, hassen mich wahrscheinlich dafür. »

Nun ist es schon neun und die Klasse legt eine Pause ein. Um 9:30 Uhr besammelt man sich vor dem Foyer, um Anweisungen entgegenzunehmen. Es sollen hölzerne Tröge, die mit einer Bank versehen wurden, mit Erde befüllt werden und darin ein Baum, sowie kleinere Pflanzen angesiedelt werden. Diese Tröge bekommen wir von der Stadt Winterthur gestellt und auch zwei Angestellte sind vor Ort. Die Gruppe vor uns hat ganze Arbeit geleistet. Die erste Schicht liegt schon, ein äusserst poröses Gestein, dass wegen seiner Eigenschaft Feuchtigkeit zu leiten, perfekt als Fundament geeignet ist. Da bei starkem Regenfall sich die Erde mit Wasser vollsaugen könnte, braucht es diese Schicht, um Schimmelbefall zu verhindern. Darüber wurde eine Art gewobene Plane gelegt, die dazu da ist, dass sich die beiden Erd-Typen nicht vermischen, sondern ihre Eigenschaften beibehalten. Insgesamt muss bei den vier Trögen die zweite Schicht noch eingefüllt und die Pflanzen platziert werden.

Während die Schüler Schaufeln packen und zur Tat schreiten, frage ich den Bio-Lehrer Herr Widmer, was sie tun. Zuerst erklärt er mir den Aufbau der Behälter und wie man damit neue Sitzgelegenheiten schaffen kann. Dann erwähnt er die Temperatur und man merkt seine Leidenschaft für dieses Thema sogleich. Wie ich selbst weiss, wird es in den Schulgebäuden im Sommer fast unerträglich heiss. Herr Widmer erklärt mir welchen Effekt versiegelte und zubetonierte Flächen auf die Wärmeentwicklung haben und wie Pflanzen durch ihre Fähigkeit, Schatten zu spenden und Wasser zu transpirieren, essenziell dafür sind, dass man in den Gebäuden und auf dem Areal einigermassen gut arbeiten kann, ohne dass man schmilzt. Mir scheint, dass hier seine Passion für das Projekt zu finden ist, also frage ich nach. Er bejaht und gibt mir zu verstehen: «Wir müssen doch endlich mal ein Signal senden, dass wir verstanden haben und dass wir verstehen, wir brauchen mehr: mehr Grün, mehr Schatten, mehr Wasser auf diesem Schulgelände.» Man spürt seine Leidenschaft und er fügt noch hinzu: «Wenn der erste Schüler mit Kreislaufproblemen zusammenbricht, dann werden wir wirklich etwas tun müssen, aber es wäre mir lieber, es käme gar nicht so weit.»

Schüler:innen befüllen den Pflanzentrog mit Erde 

Der erste Baum wird aus seinen Plastikfesseln befreit

«Wir müssen doch endlich mal ein Signal senden, dass wir verstanden haben und dass wir verstehen, wir brauchen mehr: mehr Grün, mehr Schatten, mehr Wasser auf diesem Schulgelände.» – M. Widmer

Auch der Herr von MBP ist dabei. Ich frage ihn, was nach heute kommen soll. Er meint, dass nach den vier Jahren betreuter Laufzeit, es besonders am Kernteam und am Klimarat liege, sich zu engagieren und neue Projekte zu planen und Anstösse zu geben.

Ich sehe, dass der erste Baum aus seinem Topf geholt wird und eile, um mir das anzusehen. Herr Widmer und eine Angestellte der Stadt Winterthur sind dabei, an Topf und Baum zu ziehen, während ein Schüler den Topf zerschneidet. Die beiden ringen mit dem Topf, der sich einfach nicht von der Erde lösen will. Doch Herr Widmer beginnt den Baum zu drehen, während die anderen am Topf ziehen, bis mit einem letzten Ruck sich der Baum vom Topf und dieses Lebewesen sich von seinen Plastik-Fesseln, die wir Menschen ihm auferlegt haben, trennt. Der Baum ist frei und kann sich nun uneingeschränkt im Trog entfalten. Ein Bild wie aus der zeitkritischen Dichtkunst. Man möchte fast so weit gehen, den Baum mit dem Menschen zu vergleichen.

Nun sitzen wir mit den Erstklässlerinnen und Erstklässlern in einem Zimmer. Frau Vogel, eine Chemie-Lehrerin gibt eine Einleitung zum Thema Biodiversität. Wir steigen ein mit einem Video, das die Grundlagen etabliert, bevor die Schülerinnen und Schüler selbst gefragt sind. Sie sollen anhand einer Photographie eines Biotops erkennen, inwiefern der Mensch davon profitiert. Eine interessante Übung, da sich die Schüler:innen nicht nur der Vernetztheit der Ökosysteme bewusst werden, sondern auch, weil man so die Prioritäten der Schülerinnen und Schüler erkennen kann.

Den Nachmittag bringe ich damit zu, diesen Text zu verfassen, doch um 15:00 Uhr verlasse ich das Zimmer noch einmal, um mir die Projekte anzusehen, bei deren Entstehung ich nicht Zeuge war. Da wäre zunächst einmal das Insektenhotel, dass neben dem Hauptgebäude entstehen soll. Es besteht aus zwei metallenen Rechtecken, die zusammen ein Dach bilden, unter dem sich verschiedene Formen in unterschiedlichen Grössen und aus unterschiedlichen Materialien als Nistplatz anbieten.

Dann wäre da auch noch das Bepflanzungsunterfangen, das über das Areal verteilt unternommen wurde. Wir Rychenberger werden uns jetzt an einer ganzen Reihe neuer Sträucher erfreuen können. Dies ist nicht nur optisch ansprechend, sondern hilft auch durch die oben erwähnte Transpiration, mit der Temperatur auf dem Gelände. Und wer würde es wagen, dieses Projekt zu vergessen? Eine der besten Ideen, um einen visuell und thermisch ansprechenderen Ergänzungsbau zu schaffen. Wir pflanzten Hopfen der im Verlauf der nächsten Jahre, die Wände hochwachsen und den dringend benötigten Schatten spenden, sowie die Wärmeeinstrahlung verringern soll. Dass dieses Projekt überhaupt möglich war, verdanken wir Michael Thoma, dem Gärtner unserer Schule. Er hat nicht nur die Gerüste für den Hopfen angebracht, sondern war auch in der Organisation und in allen Belangen, für die man ihn brauchte, eine grosse Hilfe. Und da er bald in Rente geht, wollen wir ihn hier ehren und ihm danken.

Der Rohbau des Insektenhotels

Das Redaktionsteam (ohne Ruben)

Abschliessend lässt sich einiges sagen. Ich gehe auf jeden Fall mit einer ganzen Reihe Eindrücke und Erinnerungen nach Hause. Ich weiss gar nicht so recht, was ich sagen soll, allerdings möchte ich mich bei den ersten Klassen, und beim 1dG im Speziellen, bedanken. Ihr habt toll mitgemacht und es war eine Freude euch zuzusehen und zu begleiten. Ihr habt uns ausgehalten, auch wenn wir euch zum dritten Mal etwas gefragt haben. Ich hoffe, dass dieses Projekt dem Rychenberg dabei helfen kann, ihn in eine umweltfreundlichere, umweltbewusstere und kühlere Schule zu verwandeln. Doch ist es auch klar, dass wir hier nicht aufhören können. Ein paar Pflanzen sind zwar toll, aber sind sowohl gemessen am Schaden, der tagtäglich angerichtet wird als auch am Potenzial, das das Rychenberg noch hat, ein kleiner Schritt. Doch der grosse Sprung bleibt noch aus. Herr Sommer meint, besonders die Generalinstandsetzung wird dem Rychenberg eine grosse Hilfe sein und dem stimme ich zu. Doch wieso sollten wir darauf warten, wenn es doch noch viele andere Wege gibt, die ‘Betonwüste’ aufzubrechen und das Rychenberg grüner zu machen. Ich hoffe, dieser Tag war nicht nur eine einmalige Aktion, sondern auch ein Denkanstoss und eine Werbeaktion nicht nur für den Klimarat, sondern auch für die unterschiedlichen Wege, wie man selbst in der Schule oder zu Hause aktiv werden kann, um eine schönere Umgebung und eine bessere Zukunft kreieren zu können. Und sei es nur um ein wenig.

– verfasst von Ronya, Benjamin, Ruben und Loris –

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